Vertreibung 1945 und 1946


Dieses Plakat wird in meinem Roman auf Seite 188 erwähnt. (Zoom: Bild anklicken!)
Sonderbefehl

für die deutsche Bevölkerung der Stadt Salzbrunn einschließlich Ortsteil Sandberg.

Laut Befehl der polnischen Regierung wird befohlen:

1. Am 14. Juli 1945 ab 6 Uhr bis 9 Uhr wird eine Umsiedlung der deutschen Bevölkerung stattfinden.
2. Die deutsche Bevölkerung wird in das Gebiet westlich des Flusses Neiße umgesiedelt.
3. Jeder Deutsche darf höchstens 20 kg Reisegepäck mitnehmen.
4. Kein Transport (Wagen, Ochsen, Pferde, Kühe usw. wird erlaubt.
5. Das ganze lebendige und tote Inventar in unbeschädigtem Zustand bleibt Eigentum der polnischen Regierung.
6. Die letzte Umsiedlungsfrist läuft am 14. Juli 10 Uhr ab.
7. Nichtausführung des Befehls wird mit schärfsten Strafen verfolgt, einschließlich Waffengebrauch.
8. Auch mit Waffengebrauch wird verhindert Sabotage u. Plünderung.
9. Sammelplatz an der Straße Bhf. Bad Salzbrunn - Adelsbacher Weg in einer Marschkolonne zu 4 Personen. Spitze der Kolonne 20 Meter vor der Ortschaft Adelsbach.
10. Diejenigen Deutschen, die im Besitz der Nichtevakuierungsbescheinigung sind, dürfen die Wohnung mit ihren Angehörigen in der Zeit von 5 bis 14 Uhr nicht verlassen.
11. Alle Wohnungen in der Stadt müssen offen bleiben, die Wohnungs- und Hausschlüssel müssen nach außen gesteckt werden.
Bad Salzbrunn, 14. Juli 1945, 6 Uhr

Abschnittskommandant
(-) Zinkowski
Oberstleutnant
Dieser polnische Befehl wurde bereits Anfang Juni 1945 an den Häusern der schlesischen Stadt Glatz plakatiert. Die Potsdamer Konferenz der Alliierten begann allerdings erst am 17. Juli 1945; aber auch das Protokoll dieser Konferenz stellt im Nachhinein keine Legitimation für die Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten dar. Diese wurden vielmehr gemäß Artikel IX des Potsdamer Protokolls bis zu einer Friedensregelung der polnischen Verwaltung übertragen. (Zoom: Bild anklicken!)
Der Text des Plakates lautet:

Befehl.

Laut Anordnung der Regierung der Republik Polen hat die gesamte deutsche Bevölkerung das polnische Staatsgebiet zu verlassen. Vorgeschrieben ist das deutsche Gebiet über Görlitz an der Neiße. Der Weg geht über Frankenstein-Reichenbach-Schweidnitz-Striegau-Jauer-Goldberg-Löwenberg-Lauban-Görlitz.
Bei Verlassen des polnischen Staatsgebietes dürfen nur 20 kg Gepäck mitgenommen werden.

Alle Personen, welche dieser Aufforderung nicht nachkommen, werden mit Gewalt entfernt.

Diejenigen Personen, die im Besitz einer Bescheinigung des Bevollmächtigten der polnischen Regierung sind, werden vom Verlassen des Gebietes befreit.
Bis zum 30. Juni 1945, mittags 12 Uhr muß der Befehl ausgeführt sein.
Glatz, den 29. Juni 1945.

Der Bevollmächtigte der polnischen Regierung für den Bezirk XXIV in Glatz

Die Kommandantur des polnischen Heeres in Glatz
Schon im April 1945 hatte die Sowjetunion der provisorischen polnischen Regierung in Warschau die Gebietshoheit über das eroberte Schlesien überlassen. Sofort begannen die Polen damit, die "wiedergewonnenen Gebiete" zu polonisieren. Auf dem Plakat eine Anordnung der polnischen Behörden vom April 1945, in der die Möglichkeit eröffnet wird, "zum Polentum zurückzukehren". (Zoom: Bild anklicken!)
Der Text lautet:

An die Bevölkerung Niederschlesiens u. der Brandenburger-Südgebiete! Die urslavischen von Polen durch den germanischen, imperalistischen Drang abgerissenen Gebiete sind Dank dem siegreichen Vordringen der verbündeten Roten Armee sowie der heldenhaften Polnischen Armee für die Heimat zurückgewonnen.
Auf Grund einer Bestimmung des Ministerrats der Republik Polen übernehme ich die Stadtverwaltung auf diesen reinslavischen, zurückeroberten Gebieten.
Ich fordere die Bevölkerung zur loyalen und restlosen Unterordnung aller Verfügungen der polnischen Verwaltung sowie zur strikten Befolgung und Ausführung sämtlicher Anordnungen auf. Jeder aktive sowie passive Widerstand wird mit Gewalt gebrochen und die Schuldigen werden nach den Bestimmungen des Kriegsrechts bestraft. Die mit Gewalt u. Hinterlist germanisierte slavische Bevölkerung wird von mir betreut und ihr die Möglichkeit gegeben, zum Polentum zurückzukehren, für das die besten Töchter und Söhne dieser urslavischen Gebiete geblutet haben.

Der Beauftragte der Republik Polen für das Verwaltungsgebiet Niederschlesien Mgr. STANISLAW PIASKOWSKI
Im April 1945
12 Millionen Menschen wurden aus den deutschen Ostgebieten vertrieben. Meine Mutter war mit ihren vier Kindern dabei. (Zoom: Bild anklicken!)
Der Spiegel vom 25. Januar 1947 berichtete:
BRESLAU - Am 16. Dezember rollte aus dem Breslauer Bahnhof der Deportiertenzug Nr. 514. Er bestand aus einer Lokomotive, einem geheizten Personenwagen und zweiundfünfzig ungeheizten Viehwagen. In dem geheizten Wagen fuhren fünf Mann polnisches Bewachungspersonal, in den ungeheizten Wagen 1543 ausgewiesene Deutsche . . . 80% Frauen und Kinder, 60% über sechzig Jahre alt. Der jüngste Ausgewiesene war drei Monate alt; die Außentemperatur betrug -15 Grad Celsius. Die Viehwagen waren ausgestattet wie für den Transport von Seefischen. Es gab in ihnen weder Stroh noch Torf. Offenstehende Luken und Ritzen sorgten für gute Durchlüftung. Die (mitausgewiesenen) Ärzte hatten nicht nur mit Durchfall zu tun. Es gab Erfrierungen ersten, zweiten und dritten Grades. Am dritten Tag zählte man schon sechs Tote. Zwischendurch gab es drei Entbindungen und zwei Fehlgeburten. Eine Frau mit Fehlgeburt war am Wagenboden festgefroren. Dr. Loch taute sie mit Hilfe eines Spirituskochers auf. Während dieser Hilfeleistung wurde Dr. Loch selbst Patient. Ihm erfroren beide Füße. Seine Frau verstarb an den Folgen des Transports. Die 65. Tote war Hedwig Deichsel, 77 Jahre alt . . .

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