Karl von Holtei


Schriftsteller und Schauspieler
* 24.1.1798 Breslau, † 12.2.1880 Breslau

Er wurde nicht vertrieben, er trieb sich beruflich in vielen Orten Europas herum.
Am Anfang meines Romans wird Karl von Holtei erwähnt. Beim Kennenlernen mit Ella auf der Zugstrecke von Hirschberg nach Jannowitz liest Benjamin Baumgarten in Holteis Lebensroman „Vierzig Jahre“. Karl von Holtei ragt unter den schlesischen Dichtern als Verkörperung schlesischer Wesensart hervor. Seine Unruhe treibt ihn ständig in die Weite, gleichzeitig zieht ihn seine auch dichterisch zum Ausdruck kommende Sehnsucht zurück in seine geliebte Heimat Schlesien. Berufliche Tätigkeiten führten ihn von Breslau über Berlin, Darmstadt, Paris, Wien, Leipzig und Hamburg schließlich nach Riga und Graz. Er war ein glänzender Rezitator insbesondere Shakespearescher Dramen. Als Dramatiker hat Karl von Holtei das Vaudeville in der Form des zwischen Singspiel und Gesangsposse stehenden Liederspiels auf der deutschen Bühne heimisch gemacht. Seine Rühr-
und Volksstücke und Melodramen, seine „Schlesischen Gedichte“ (1830) und seine zum Teil autobiografischen Romane erfreuten sich großer Beliebtheit. Holtei galt, neben L. Tieck, als größter Vorlesekünstler seiner Zeit. Als alter Mann kehrte Holtei völlig vereinsamt nach Breslau zurück und fand im Kloster der Barmherzigen Brüder Aufnahme und Pflege.

Für die vertriebenen Schlesier ist seine Verszeile „heim will ich, sonst nichts als heim“ zu einer schmerzlichen Wahrheit geworden.

Du weeßt´s mei lieber Got,
Hab ihch geseufzt
Und seufz`ich hinte noch:
Heem will ihch,
Suste weiter nischt, ack heem!“
Im Heft 2/2005 der Zeitschrift SCHLESIEN HEUTE erschien von Otmar Eitner folgender Bericht:
Karl von Holtei starb vor 125 Jahren
In der kleinen „Walhalla“ großer Breslauer im Historischen Museum im alten Breslauer Rathaus steht seine Büste. Und in Obernigh/Oberniki trägt ein allgemeinbildendes Gymnasium seinen Namen: Karl von Holtei, 1798 in Breslau geboren. In Obernigh hat er im Sommer seine Kindheit verlebt. Er starb mit 82 Jahren in Breslau, am 12. Februar 1880, also vor 125 Jahren. Gerhart Hauptmann wohnte dem eindrucksvollen Begräbnis von Holtei als 18jähriger bei und schrieb in seinen Lebenserinnerungen: „Ich hatte die schöne, auffällige Greisenerscheinung mit den weißen, bis auf die Schultern hängenden, wohlgepflegtem Haar einmal auf der Straße gesehen. Ein unauslöschlicher Eindruck ist mir davon zurück geblieben. Nun lag er im Grab und wurde zur letzten Ruhe getragen.“

Wer war Karl von Holtei? Der Germanist Professor Karl Weinhold beschrieb das Wesen Holteis anläßlich dessen 81. Geburtstages so: „Holtei ist ein vielseitig entwickeltes Wesen, er ist Dichter, Redakteur, Schauspieler, Liedersänger, künstlerischer Vorleser, Meister im plaudernden Gespräch und im Briefwechsel gewesen. Er war ein fahrender Geselle und ein fleißiger Bücherschreiber, er verlor sich in leichtsinniges, törichtes Treiben und gab sich kindlich weich dem stillen Leben der Natur hin und lauschte den ernsthaften Geheimnissen der menschlichen Seele. Eine dunkle Macht jagte ihn in früher Jugend auf die wirren Pfade seines Lebens. Und dieser Macht ist er gefolgt, wohin sie ihn führen wollte, ohne ihr ein bewußtes Wollen entgegen zu stellen.“

Berlin, Riga und Graz sind die Städte, in denen sich Holtei jeweils einige Jahre aufgehalten hat. Längere Gastspiele und Reisen führten ihn aber auch nach Dresden, Prag, Wien, Paris, Hamburg, Düsseldorf Weimar und zu weiteren Orten. Und dann natürlich Breslau, wohin er immer wieder zurückkehrte, getreu seinem eigenen Motto: Suste nischt ack heem.

Josef von Eichendorff lernte er schon 1822 in Breslau kennen. Es entwickelte sich eine langjährige Freundschaft. Gustav Freytag schreibt in seinen Erinnerungen aus meinem Leben: „Karl von Holtei war 1842 wieder nach Breslau gekommen und hatte die künstlerische Leitung des Stadttheaters übernommen. Wir wurden bald gute Bekannte, saßen nebeneinander am Mittagstisch und spielten Domino um den Kaffee. Mir wurde er lieb und wertvoll, weil es kaum einen zweiten gab, der mit Personen und Verhältnissen der deutschen Bühnen so bekannt war wie er.“

In den Jahren1837–1841, als Holtei Theaterdirektor in Riga war, wurde Richard Wagner – erst 24 Jahre alt – dort für zwei Jahre sein Theaterkapellmeister, aber die beiden verstanden sich nicht besonders gut.

Und nicht zu vergessen: Weimar. Holtei, der inzwischen als Schriftsteller vor allem mit Theaterstücken Erfolg hatte wurde im Frühjahr 1827 von Goethe mit den Worten empfangen: „Es ist mir lieb, dass ich Sie auch einmal zu sehen bekomme.“ Zum Zeitpunkt dieser ersten Begegnung war Holtei 29 Jahre alt, Goethe bereits 77. Holtei blieb länger als vorgesehen in der kleinen Residenzstadt, wurde von Goethe häufiger zum Essen geladen, freundete sich mit Goethes Sohn August an und lernte Johanna Schopenhauer kennen, die in Weimar einen literarischen Salon unterhielt. Sie war die Mutter des Philosophen Arthur Schopenhauer. Holteis Rezitationsabende wurden auch hier gut besucht. 1829, 1830 und 1831 sind ebenfalls Besuche von Holtei bei Goethe dokumentiert. Und die tiefe Freundschaft zu Johanna Schopenhauer dauerte fort.
1830 waren seine „Schlesischen Gedichte“ erschienen. Negative Kritik erntete er dafür ausgerechnet von seiner Vaterstadt. Goethe jedoch, der Nichtschlesier, hatte die Mundart-Gedichte sogar in einem Aufsatz begrüßt. Anerkennung bekam er auch von Jakob Grimm. Aber es dauerte zwanzig Jahre bis sich der gewünschte Erfolg seiner Arbeit einstellte.

Als der deutsche Dichterfürst gestorben war, war Holtei im preußischen Berlin der Initiator und Veranstalter einer am 10. April 1832 gehaltenen würdigen Totenfeier für Goethe. Seine zweite Frau, die Schauspielerin und Sängerin Julie Holzbecher, feierte hier zu dieser Zeit große Bühnenerfolge, darunter auch in Stücken ihres Mannes. Sie verstarb 1839 in Riga. Die erste Frau Holteis, Luise Rogce, war eine beliebte Schauspielerin am Breslauer Theater gewesen. Sie war mit 25 Jahren nach nur vierjähriger Ehe gestorben.

Die 1864 von Holtei herausgegebenen „Briefe an Ludwig Tieck“ bezeugen die guten Kontakte zu dem Dichter der Romantik. Einen intensiven Briefwechsel unterhielt Holtei auch mit Friedrich de la Motte Fouque.

August Kopisch, der mit Holtei zusammen in einer Klasse das Maria Magdalenen-Gymnasiums zu Breslau besucht hatte, war ebenso Mitglied des „Breslauer Künstlerverein“ wie Holtei, wie Eichendorff, Gustav Freytag und Hoffmann von Fallersleben. Und als Ferdinand Lassalle, Gründer der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und auch ehemaliger Schüler des Magdalenengymnasiums in Breslau zu Grabe getragen wurde, begleitete ihn Karl von Holtei zur letzten Ruhe auf dem jüdischen Friedhof.

Max Grube lernte Holtei schon um 1870 kennen, als er noch Pennäler des Magdalenäums war. Er fand in ihm einen frühen Förderer seiner Theaterambitionen und einen väterlichen Freund. Nach Theaterengagements an vielen deutschen Bühnen wurde Max Grube Direktor des damals europaweit bekannten Meininger Theaters, das unter dem Landesherrn Georg II. hohes Ansehen erlangte. Holtei begleitete die Entwicklung Grubes; das bezeugt eine Vielzahl von Briefen.

Eine ganz besondere Beziehung begann 1844: Holtei lernte den Breslauer Domprediger Heinrich Förster kennen, einen der damals bedeutendsten Kanzelredner im katholischen Deutschland. Der protestantisch erzogene Holtei und der katholische Kirchenmann verstanden sich sofort. Aber es gab auch Meinungsverschiedenheiten wegen der unterschiedlichen Religionen. Eines Tages kam es zum Verwürfnis. Holtei zog 1849 nach Graz zu seiner Tochter. Förster wurde 1853 Fürstbischof von Breslau. Es kam jedoch wieder zur Annäherung zwischen den beiden. Und als Holtei 1863 wieder nach Breslau zurückkam, besuchte er den Fürstbischof. Es war, als wenn nie etwas zwischen ihnen gewesen wäre. Und vom Frühjahr 1863 bis 1872 weilte Holtei oft mehrmals in der Woche zum Mittagsmahl bei seinem Freund, dem Fürstbischof.

Doch es kam noch einmal zu einem Zerwürfnis. Und das war das Ende. Beide haben diese Entwicklung später bedauert. Zu einer nochmaligen Versöhnung kam es aber nicht. Holtei starb am 12. Februar 1880. Heinrich Förster, der Fürstbischof von Breslau, am 20. Oktober 1881.

Einen großen Teil seines Lebens hat Karl von Holtei in dem umfangreichen Werk „Vierzig Jahre“ niedergeschrieben. Es erschien 1862 in erster Auflage bei Holteis Breslauer Verleger Eduard Trewendt.

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