25. Kommentar: 03. Juli 2005, 14:58
Lieber Herr Kornemann,
na ich muss sagen, das Buch liest sich, trotzt des folgenschweren Inhaltes, leicht und flüssig. Selten habe ich ein Buch so verschlungen und dabei so geheult. Ja, ich denke dass vielen Menschen so ein ähnliches Schicksal beschieden war die heute noch darunter leiden, aus ihrer Heimat vertrieben zu sein.
Das Leben geht zwar weiter, aber so ein Schmerz bleibt immer als Wunde. Darum denke ich auch oft z.B. an die Menschen in Afrika. Die müssen das heute auch noch erleben. Wenn diese Kinder erwachsen sind, können das doch keine glücklichen und zufriedenen Erwachsenen sein. Ich denke, wir bekommen eine sehr kaputte Welt.
Hilfe und Liebe unter den Menschen wird Mangelware sein. Jeder wird nur an sich selber denken, weil uns auch durch das, was jetzt passiert, jede Grundlage des Lebens fast unmöglich gemacht wird. Die Arbeit verschwindet, alles - sogar das Wohnen selber, wird fast unbezahlbar gemacht und das Europaweit- wie mir scheint.
Es sind nur ein paar 'Auserwählte' die in der sogenannten Carlisle-group tätig sind. Waffen wird es immer geben da wie Sie auch festgestellt haben, der Machthunger der einzig unstillbare ist. Ich habe inzwischen sogar Probleme, wenn ich hier die Schützenvereine (derer gibt es hier in Kerkrade ca. 25) marschieren sehe und die Marschmusik spielen höre. Auch die Holländer sind nicht so schlau, wie ich gehofft habe.
Vielleicht ist es dem Menschen eigen, nach Macht zu streben??? Aber so lange es Menschen gibt, die solche Dinge nicht mitmachen, sich für Frieden, Diplomatie und Demokratie einsetzten, ist die Welt noch nicht verloren.
Ich wünsche Ihnen und den Ihren, ein friedvolles Leben - oder immer die richtigen Argumente um Dummheit zu vertreiben!
Viele liebe Grüsse Regina
reginaleue@wanadoo.nl
26. Kommentar: 30. Jan. 2005, 12:13
Hello old Schlesierland!
Ich bin immer interessiert etwas von Breslau & Umgebung zu erfahren. Vor ueber 10 Jahren, war ich einmal, trotzdem vieler Absagungen, in Breslau. Zu dieser Zeit lebte meine Mutter in Goettingen noch, diese arangasierte eine Busfahrt mit Weihrauch nach Breslau fuer mich & meiner Frau. Diese kannte es ueberhaupt nicht Ich hatte noch etwas Ahnung denn wie wir raus sind, war ich 10.5 Jahre alt.
In Breslau fand ich dann eine alte Stadtkarte & dazu noch eine polnische. In der Zeit, von frueher & jetzt hat sich viel geaendert. Aber man versucht, alles so langsam wieder aufzubauen. In der Strasse wo ich aufgewachsen bin, da steht fast nichts mehr, nur einige neue Bauten. (Bohrauer Strasse-ul Borowsca) in der Naehe von der Stein Str & Schule. Im naechsten Jahr haben wir unser 50 Jahriges Besten, hier in Aust..
Alles Gute, Ihr D Horoba
dhoroba@optusnet.com.au
27. Kommentar: 12. Sep. 2005, 21:57
Hallo Heinz,
meine Mutter hat das Buch gelesen und fand es sehr gut. Ich selbst habe angefangen damit, nach ca. 100 Seiten kann ich sagen, auch wenn eine Liebesgeschichte nicht ganz mein Fall ist, so liest es sich doch sehr schön. Gerade wenn man sich in der Gegend sehr gut auskennt, kann man alles mitempfinden. In Gedanken fahre ich die Straßen mit und überlege dann, wie das dort jeweils aussieht. So ist mir der "Schwarze Adler" bekannt, die Kupferberger Kirche ebenfalls. Warum wurden wohl die ganzen Häuser abgerissen, ist Dir das bekannt? Das ist doch in anderen Orten in der Gegend nicht der Fall.
Und noch eine Frage: Gibt es die Ella wirklich und den Benjamin? Laut dem Vorwort wurden Personennamen gändert. Würde mich nur mal interessieren. Ich selbst habe auch mal in Polen eine deutsche Frau kennengelernt, die aus Ostpreussen stammte und dann nach dem Krieg in Polen "hängengeblieben" ist. Sie hat mir sehr viel erzählt, über ihr Leben in Ostpreussen, sie hatten einen Schlachterladen, als die Russen kamen, haben die ihm die Hände abgehackt. Ihre Flucht und und und. Es war sehr interessant und natürlich auch sehr traurig. Na ja, im Mai nächsten Jahr bin ich wieder dort, wie jedes Jahr.
Gruss aus Groß Sisbeck Peter
HMP.Fuetterer@t-online.de
Hallo Peter,
es freut mich, daß Deiner Mutter das Buch gefallen hat. Ich bekomme immer wieder Lob und oft zu hören, daß ich sehr treffend die Lebensweise des dörflichen Milieus im Riesengebirge geschildert habe.
Im Mai und im August bin ich auch wieder dort gewesen und links vom Gasthof "Zum Schwarzen Adler" die mit Schlaglöchern übersäte Straße nach Rudelstadt heruntergefahren. Dort befindet sich das Grab mit einer Gedenktafel des am 27.8.1813 ertrunkenen Rittmeister Fr. Graf von Moltke. Diese Tour ist Peter Milde jeden Sonntag zur kath. Kirche in Kupferberg gefahren, siehe Kommentar 20 in meinem Gästebuch. Weiter bin ich dann nach Merzdorf gefahren.
Auf meiner Homepage kannst Du unter der Untermenüleiste "Straßenkarte vom Hirschberger Tal" den Weg nachvollziehen und unter der Menüleiste "Rundtour" einen Turn von Kupferberg aus durch das Hirschberger Tal machen. Eine Tour, die sich auch gut mit dem Rad machen läßt. Ein Blick auf die Schneekoppe ist auch dabei.
Nach dem Krieg haben die Russen in Kupferberg Uran gesucht. Dabei wurde der ganze Ort mit Stollen untergraben und die Häuser stürzten ein. So wurde der ganze Ort "plattgemacht". Gibt es Ella und Benjamin wirklich? Diese Frage ist mir schon sehr oft gestellt worden und ich antworte nicht mit ja oder nein, sondern sage ganz sibyllinisch, so oder ähnlich kann es gewesen sein.
Viel Wissen für diesen Roman habe ich dem Briefwechsel entnommen, den mein Vater mit meiner Mutter aus amerikanischer und englischer Kriegsgefangenschaft führte. Aus Erzählungen sind mir auch Grausamkeiten bekannt, die man nicht schildern kann; wo man es nicht für möglich halten sollte, daß sich Menschen so etwas ausdenken und ausführen. Geändert hat sich da bis heute nichts. Wie es in meiner Einleitung heißt: Wir lernen aus der Geschichte, daß wir aus der Geschichte nichts gelernt haben. Ich wünsche Dir eine angenehme Unterhaltung beim Weiterlesen und grüße Deine Mutter unbekannterweise von mir aus dem nahegelegenen Wolfsburg
Heinz
28. Kommentar: 14. Sep. 2005, 11:15
Lieber Heinz,
ich teile Deine Auffassung, daß die Stadt Görlitz die Teilung ( entstanden durch die Nazi-Verbrecher ) widernatürlich verkörpert und desshalb zum Symbol für ein friedliches Nebeneinander der Völker stehen sollte.
Insofern sollte das" Zentrum gegen Vertreibung" in Görlitz entstehen. Es sollte ein Brückenbau sein, der sich über die Neiße spannt. In der Brückenmitte mit einem Kuppelbau für rund 250 Menschen ( aus jedem Land dieser Erde einer ), um am 8.Mai eines jeden Jahres in einem Konzert, Musik verbindet und wird von jedem Menschen verstanden [ Betonung liegt auf Mensch ] an den Krieg, und damit auch verbunden an den Frieden zu erinnern!
Anmerkung: das Wort" Flüchtlinge" sollte aus dem allgemeinen Wortschatz verschwinden, denn heute gibt es nur noch Vertriebene auf diesem Globus. Wer gibt schon seine Heimat ( sein Kulturort) freiwillig auf ? Nicht einmal dann, wenn er der Not gehorchend einen"Job" in China, Rußland oder Amerika antritt.-
Deinem Roman: Kupferberger Gold wünschte ich eine Verfilmung, um somit einem größeren Publikum vorgestellt zu werden.
Eigentlich lohnt es sich auf dieser Erde nur noch für den Frieden zu arbeiten, ja zu Leben, gerade jetzt im Wahlkampf sieht man die Dummheit auf jedem Plakat und Bildschirm. Es macht richtig krank.!
Mit besten Grüßen, Dein Heinz. Grüße auch an Deine Frau.
heinz.gansch@gmx.de
29. Kommentar: 16. Sep. 2005, 11:29
Hallo Herr Kornemann,
ich habe mir Ihre hochinteressante Hompage angesehen. Die Adresse bekam ich gerade von meiner Bekannten aus Deutschland. Ich habe für Sie eine Überraschung. Unter http://wroclaw.hydral.com.pl/...0&tend=8 und http://wroclaw.hydral.com.pl/...8&tend=16 gibt es historische und heutige Bilder von Kupferberg (Miedyianka). Leider die Bilder aus Rohrlach (Trzcinsko) gibt es noch nicht. Nur die Seite des Dorfes ist vorhanden. Wenn Sie andere Orte im Kreis Hirschberg oder in Niederschlesien finden möchten, steht Ihnen eine Liste (links der Seite) zur Verfügung (leider nur auf Polnisch). Haben Sie damit Problem (konkrete Örtlichkeit zu finden), dann melden Sie sich bei mir an.
Viele Grüße Marek Moson aus Wroclaw / Breslau
mmoson@o2.pl
Hallo Marek Moson, die Überraschung ist gelungen, ich war doch sehr erstaunt, einige von meinen Bildern auf Ihrer Seite wiederzufinden.
Heutige Bilder, auch vom Gedenkstein auf dem Kupferberger Friedhof habe ich auch. Bei Gelegenheit will ich diese Bilder noch in meiner Seite (Animation) unterbringen. Haben Sie vielen Dank für Ihr Angebot.
Ich wünsche Ihnen alles Gute Heinz Kornemann aus Wolfsburg
30. Kommentar: 30. Sep. 2005, 18:40
Herr Kornemann, seien Sie von mir herzlich begrüßt!
Ihre "Werbemail" haben wir mit großem Interesse studiert, ebenso natürlich auch Ihre aufgefrischte und erweiterte Homepage. Respekt und Gratulation für beides. Alles ist sehr gut gelungen. Ich beneide Sie um Ihre Fähigkeiten, sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Darstellung Ihr Anliegen "rüberzubringen".
Gerne nahm ich zur Kenntnis, daß Ihr Buch "Kupferberger Gold" bei den Vertriebenen (wie Sie schreiben) ganz gut ankommt. Das braucht nicht zu verwundern, denn als Heimatvertriebener muß man ja dankbar, daß es jemand gibt, der das Schicksal der Schlesier so meisterhaft darstellen konnte, und das in einer Form, die jedem normal empfindenden und denkenden Menschen - auch wenn er, wie ich, kein Vertriebener ist - "unter die Haut und in die Seele" gehen muß.
Gegen Ende 2004 habe ich "Kupferberger Gold" gleich dreimal gekauft. Zwei Exemplare verschenkte ich: Einmal für die Familie meines Sohnes, speziell für die Enkelkinder (das Älteste von insgesamt vieren ist bereits 17 Jahre alt) und für die Mutter meiner beiden Kinder, sie stammt aus dem Sudetenland. Über sie und ihre Familie habe ich das Schicksal von Heimatvertriebenen in den frühen fünfziger Jahren "hautnah" kennengelernt.
Meine jetzige Lebenspartnerin erhielt das dritte Exemplar zu Weihnachten 2004, also schenkte ich das Buch jetzt ihr (und indirekt natürlich auch mir) mit einer weihnachtlichen Besonderheit: Ich schenkte ihr nämlich, zusammen mit dem Buch, das Versprechen, es ihr bald einmal vorzulesen.
Nachmittags, wenn man vom winterlichen Hundespaziergang zurück ist, der Kachelofen Wärme spendet, eine Kerze brennt und auch ein heißer Tee das wohlige Zuhausesein stimmungsvoll erleben läßt. Dann wollte ich vorlesen, jeden Tag so etwa eine gute Stunde; so, wie ich es um diese Jahreszeit bereits seit vielen Jahren mache. Ich lese sehr gerne vor, habe die Lust dazu von meiner Mutter übernommen, die auch eine meisterliche Vorleserin war.
Mit diesem Stimmungsbild verbindet sich jetzt auch "Kupferberger Gold". Dank dem begnadeten Verfasser! Es war ein tiefes Erlebnis. Beim Lesen (ich lobe mich jetzt selbst: beim gekonnten Vorlesen!) entfaltet sich der Inhalt eines solchen Buches ganz anders, viel intensiver. Die Menschen bekommen noch mehr Gestalt und Leben, die Bilder der Landschaft, der Städdte, der Häuser und der Wohnungen treten einprägsamer in Erscheinung.
Hinzu kommt, jedenfalls nach meinem Empfinden, daß Ihre Sprache beim einfühlsamen Vorlesen noch wesentlich lebendiger wirkt, ja geradezu dafür prädestiniert ist. Die von Ihnen gebildeten Sätze und Nebensätze sind für mich auch beim "Vorausschauen" gut erfaßbar, so daß ich wirklich flüssig und dem Inhalt angepaßt vorlesen kann. Gerade bei Dialogen unter mehreren Menschen muß man ja die Stimmlage jeder einzelnen Person zuordnen.
Für mich faszinierend ist, wie gut Sie das Verhalten, Denken, Fühlen und auch Leiden der einzelnen "Figuren" mit den historischen Begebenheiten und Hintergründen verweben. Für mich als Leser wird das Interesse an den geschichtlichen Zusammenhängen stets aufs Neue geweckt. Bei allen Grausamkeiten jener Zeit bleibt mir aber genug Freiraum, um mich selbst unvoreingenommen mit dem historischen Wahrheitsgehalt auseinander zu setzen. Mit anderen Worten: Ich muß nicht Heimatvertriebener sein, um das Schicksal der Menschen eigenverantwortlich nachempfinden zu können. Ich kann mit jedem von einem schweren Schicksal Betroffenen mitleiden, mich auf seiner Seite fühlen; wohlwissend daß mir selbst ein vergleichbar schweres Leid erspart geblieben ist.
Wichtig ist für mich, daß ich im "Kupferberger Gold" auch Menschen finde, auch Polen und Russen, die aufzeigen, daß nicht jeder Einzelne böse und schlecht sein muß. Richtig aber auf der anderen Seite, daß der "braune Sumpf und Terror" keine Gnade findet und über einzelne Figuren plakativ beim Namen genannt wird. So entsteht auch vor dem Leid der Nachkriegsopfer niemals der Eindruck, die Deutschen seien "von Natur aus" (sh. "Mein Kampf") die besseren Menschen und hätten eigentlich ihr Unglück gar nicht selbst verschuldet. Es ist gut zu wissen, daß es Deutsche waren, die Hitler zur Macht verhalfen, der mit seiner Politik und der ihm weitgehend zustimmenden und nachfolgenden Volksgemeinschaft erst in der Lage war, das große Elend über uns und die Welt zu bringen.
Wichtig ist mir Ihr Buch aber auch für die Enkelgeneration. Vom Schicksal der Heimatvertriebenen wissen sie "eigentlich" nichts. Das Bißchen, was sie in den oberen Stufen ihrer Schulausbildung im Geschichtsunterricht hören - und wirklich erst dort -, ist kümmerlich, kläglich; stark auch vom Denken des einzelnen Lehrers abhängig. Ein besonders wichtiger Gehalt des "Kupferberger Gold", ja gleichsam Leitfaden und Gerüst für alle anderen Schicksalslinien ist die Liebe zwischen einem Juden und einem (arischen) deutschen Mädchen. Es ist beeindruckend wie sehr Sie es verstanden haben, das jüdische Schicksal ebenfalls deutscher Mitbürger mit einem großen Eigengewicht mit dem Schicksal der schlesischen Heimatvertriebenen zu verflechten. Hier wird natürlich "Ihr roter Hintergrund-Faden" (das Verbrechen der Völkervertreibung) deutlich sichtbar. Rassenhass, Religionsfanatismus, Habgier, Eroberungswahn, Sadismus und andere dem Menschengeschlecht offenbar eigenen Veranlagungen finden Erwähnung. Alles in allem also auch ein Lehrbuch für junge Menschen, die es, wie ich von meinem Sohn über seine älteste Tochter hörte, auf dem Umweg über "Kupferberger Gold" als "Liebesroman" mit Begeisterung lasen und erst im Nachhinein, beim Gespräch mit mir und den Eltern mehr und mehr in einem historischen Zusammenhang sahen. Die Enkeltochter Lea hat das Buch inzwischen bereits mehrfach verliehen.
So, lieber Herr Kornemann, ich habe jetzt einfach über einige Zeit ganz schnell einige meiner Gedanken "heruntergetippt". Ein langes Gespräch mit Ihnen, sicher aber mehrere Gespräche, würden in einem Dialog natürlich viel interessanter; vielleicht in dem einen oder anderen Punkt auch tiefer oder noch kritischer. Noch zum Abschluß eine Anmerkung zu den Verbänden der Heimatvertriebenen: Ich bin ein Anhänger der Bewahrung seiner Wurzeln. Nicht aber bin ich ein Freund der alljährlichen Funktionärsveranstaltungen. Widerlich empfinde ich dabei die zielorientierte Polemik unserer Politiker, ganz vorne Herr Stoiber, wenn sie allein zum Wählerfang antreten und sich dann noch begeistert von den meisten Vertriebenen feiern lassen.
Mein Grundsatz ist: Unrecht bleibt Unrecht; Wiedergutmachung kann aber mit völkerrechtlichem Hintergrund nur bedeuten: Jeder möge vor der eigenen Tür kehren und jeder möge sich zu seiner eigenen Schuld bekennen. Das von der anderen Seite einzufordern, ist Pflicht und Recht eines jeden Staates oder einer Volksgruppe. Wenn aber Unrecht immer Unrecht bleibt, dann kann und darf man nicht versuchen, mit gegenseitigen Schuldzuweisungen aufzurechnen. Wie Du mir, so ich Dir, Auge um Auge, Zahn um Zahn, das ist primitives Menschengefühl und sollte uns aufgeklärten und durch das Fegefeuer der Vergangenheit geläuterten Menschen allmählich fern sein. Leider redet man an den Stammtischen anders.
Andererseits bedeutet nicht-verarbeitete Schuld für die politische und zwischenmenschliche Kultur einen Niedergang mit der Gefahr, daß alte Wunden irgendwann aufbrechen und erneut für falsche Ziele instrumentalisiert werden können. Die Hoffnung, daß unverarbeitete Schuld sich mit der Zeit - gewissermaßen biologisch - von selbst "auswächst" halte ich für falsch und naiv.
Ihr Gedanke, das "Zentrum gegen Vertreibung" in Görlitz zu errichten ist gut, hat viel für sich. Berlin halte ich für "unmöglich". Frau Steinbach (CDU) plädiert aus egoistischen Gründen dafür, schürt dabei aber extreme Gefühle auch auf der anderen Seite der Oder. Nichts gegen den Grundgedanken eines "Zentrums gegen Vertreibungen". Es darf aber kein Zentrum der Auf- und Abrechnung werden, sondern - zumindest im europäischen Rahmen - für jede Seite eine offene, selbstkritische Eigendarstellung aller Ereignisse, die sich die Menschen, Länder, Staaten und religiöse Glaubensgemeinschaften in den letzten Jahrhunderten "leisteten". Eine vielstaatliche Gedenkstätte ist also vonnöten. Alles unter dem Leitbild: Um Vergebung bitten, Vergebung gewähhren, Versöhnung schafft Frieden und nimmt Angst von dem anderen; die alten Fehler dürfen nicht erneut gemacht werden.
Ich selbst habe bislang eher für Breslau als Zentrum eines "Gedenkzentrums" plädiert. Jetzt aber finde ich, dank Ihrer Begründung, Görlitz besser. Inzwischen stehen die deutsche Ost- und die polnische Westgrenze unverrückbar fest. Sie sind zu Binnengrenzen der EU geworden und werden sich nach und nach auflösen, von beiden Seiten. Zu diesen Überlegungen paßt Görlitz einmalig gut.
Sie sollten Frau Gesine Schwan Ihr Buch schicken und im Begleittext ihr den "Vorschlag Görlitz" unterbreiten. Frau Schwan hat eine Ausstrahlung nach West und Ost, und auch sie wirkt an einer Grenze mit einer Brückenfunktion.
Lieber Herr Kornemann, ich muß jetzt schließen, sofern diese Mail Sie noch im Monat September erreichen soll. Auch im Namen meiner Lebensgefährtin an Sie viele herzliche Grüße aus Wangen im Allgäu.
Ihr Harald Herrmann
PS.
Ich habe mir kürzlich das im Spiegelbuchverlag als Taschenbuch (dtv) erschienene Buch gekauft. "Die Flucht" Untertitel: Über die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten" (Herausgegeben von Stefan Aust und Stephan Burgdorff). Die Vielseitigkeit der behandelten Themen, von 24 verschiedenen Autoren abgehandelt, hat mich beeindruckt. Die von mir bezahlten Euro 9,50 waren m. E. das Geld wert.
heku@tesionmail.de