73. Kommentar: 14. Aug. 2011, 15:30
Hallo Herr Kornemann, beiliegend ein Bericht, den ich an die SCHLESISCHE BERGWACHT geschickt habe und den Sie auch gern in Ihr Gästebuch stellen dürfen.
Viele Grüße von Günter Gawert

Kupferberg, mein Besuch nach 68 Jahren
Ich lebte schon Jahre mit diesem Traum, einmal Kupferberg in Schlesien zu besuchen. Abgehalten hat mich immer die Angst nach Polen zu reisen. Aber jetzt habe ich es geschafft! Angefangen hat alles am Sonntag dem 1. Mai 2011.
Ich stöberte im Internet und suchte eine Bleibe für einen Urlaub an der Nord- oder Ostsee, da meine Frau sehr stark mit einer Allergie gegen Pollen zu tun hat. Plötzlich stieß ich im Internet auf das Wort „Kupferberg“. Ich traute meinen Augen nicht. So lange hatte ich das Zauberwort in meiner Erinnerung. Dann ging das Stöbern los. Acht Stunden habe ich am Computer gesessen und alles was ich über „Kupferberg“ erhaschen konnte, daß wurde ausgedruckt. Da war die tolle Buchbeschreibung des Herrn Heinz Kornemann "Kupferberger Gold". Die Chronik über Kupferberg von Herrn Heinz Friebe und Herrn Heinz Kornemann. Alles habe ich gelesen und meine Sehnsucht, Kupferberg noch einmal zu sehen, wurde immer stärker. Woher kam diese Sehnsucht?
Ich bin eine gebürtiger Kölner, Jahrgang 1939. Also ein Vorkriegsmodell. Mein Vater war Breslauer, meine Mutter war ein echt "Kölsches Mädchen“. Vater kam 1936 mit dem Fahrrad von Breslau nach Köln und suchte Arbeit. Ich habe noch einen jüngeren Bruder, Jahrgang 1941. Wir waren also eine ganz normale Familie. 1942 wurde das Haus in Köln, in dem wir wohnten, völlig zerstört. Wir waren ausgebombt. Viele Kölner, denen das gleiche Schicksal erging, wurden, wie wir auch, nach Schlesien evakuiert. Wir, d.h. Mutter, Bruder und ich landeten in der "Kleinsten Stadt Preußens, in Kupferberg im Riesengebirge“. Im "Gasthaus Zum Schwarzen Adler" wurden wir einquartiert. Es war die erste Etage rechts, wenn man vor dem Gasthaus steht. Ich weiß nicht, ob wir ein oder die zwei Fenster hatten. Ich konnte von oben aus immer in die „Preuss-Schmiede“ schauen, wenn der Schmied Pferde beschlug und sonst seine Schmiedearbeiten verrichtete.
Dann war da ein etwa gleichaltriges Mädchen. Ich glaube es war die Tochter vom Schmied, den Namen weiß ich nicht mehr. Mit der spielte ich als Kind öfters. Ich kann mich an die beiden Straßen erinnern. Eine ging hoch, die andere ging runter (von der Brauerei aus rechts gesehen).
In der Mitte stand die kath. Kirche. Zwischen den beiden Straßen befand sich ein Park. Auf der hochgehenden Straße war eine Apotheke und eine Bäckerei. Nicht zu vergessen, der Ratskeller; eine Gaststätte. Am Ende dieser hoch führenden Straße befand sich das „Gasthaus Zum Schwarzen Adler“ in dem wir gewohnt haben.
An vieles kann ich mich erinnern. Da war der hohe Schnee im Winter, die Schlittenkutschfahrten mit den starken Pferden. Die Schlittenfahrten runter nach Jannowitz. Die Brauerei, an der auf dem Vorplatz ein Hügel mit Schnee gebaut wurde und dann mit dem Schlitten bis an das grüne Tor gefahren wurde.
Eine böse Erinnerung habe ich, als ein Schornsteinfeger nach Jannowitz runterfuhr, gegen einen Baum fuhr und ihm die Kugel in den Magen gedrückt wurde. Er war sofort tot. Kann sich jemand erinnern wann das war?
Nun, am Montag, den 4.07.2011 bin ich mit meiner Frau in Hirschberg angekommen. Die Pensionsadresse hatten wir von Herrn Kornemann bekommen. Er hatte mich ermutigt, doch nach dem heutigen Polen zu fahren. Wir haben uns in der „Willa Rhein“ bei Frau Labuda einquartiert. Eine tolle Schlesische Köchin. Eine deutsch sprechende Dame, die über Kupferberg und Jannowitz viel erzählen kann. Wir haben uns bei Frau Labuda sehr wohl gefühlt. Nun, wir sind dann am anderen Tag nach Kupferberg hochgefahren. Zuerst ganz oben hoch, an unserem „Gasthof Zum Schwarzen Adler“ vorbei. Wir haben das Auto geparkt und sind dann runterspaziert.
Ich stand vor dem Gasthof und konnte es nicht fassen. Die Tränen standen mir in den Augen. Wie konnte man ein Haus so verkommen lassen. Da haben wir einmal gewohnt. Dort habe ich mich wohl gefühlt, habe ein Teil meiner Kindheit verbracht.
Das ganze Städtchen gibt es nicht mehr. Es steht noch ein Stück Ruine der Brauerei dort, eine renovierte kath. Kirche, ein Haus der ehem. Brauereibesitzer und die kleine Schule. Hinter der Kirche bergab gibt es einen bewohnten Bauernhof. Eine Frau arbeitete im Garten. Ich habe versucht mit ihr Kontakt aufzunehmen, aber sie verstand mich nicht. Dann versuchte ich es mit den Händen. Mit dem Finger zeigte ich auf die kI. Kirche und fragte: "Dies ist die kath. Kirche?" Sie nickte mit dem Kopf und ich fragte: "Wo ist die evangl. Kirche?" Sie zeigte mit beiden Armen auf den Boden und wedelte hin und her. Sie wollte mir sagen, daß die Kirche dem Erdboden gleich gemacht worden ist. Alle Häuser sind in einem kaum zu beschreibenden Zustand, aber bewohnt! Ich habe versucht, am "Gasthof Zum Schwarzen Adler“ Kontakt mit einem Bewohner aufzunehmen. Aber der wollte nicht mit mir reden.
Mein lang ersehnter Kindertraum ist in Erfüllung gegangen. Ich habe mich auf der einen Seite sehr gefreut. Auf der anderen Seite bin ich sehr enttäuscht und traurig, wie das alles heruntergekommen ausschaut.
Frau Labuda, unsere Pensionsbesitzerin, legte uns am letzten Tag ein Formular vor, das wir ausfüllen sollten. In dem Formular fragte man: Was wir glauben wäre zu tun, um mehr Besucher nach Polen zu bekommen (kann es nicht mehr wörtlich wiedergeben).
Ich habe dann geschrieben: Renoviert die schönen alten zu erhaltenden Häuser, die sehr viel Vergangenheit haben. Dann werden auch die Touristen kommen.
Woran ich mich nicht mehr erinnern kann, aber ein Kupferberger sich vielleicht erinnert: Hat jemand meine Familie gekannt? Kennt jemand die Fam. Köhler oder Kühler, die 1951 erst ausreisen durfte und nach Köln kam? Sie hatte 1951 eine erwachsene Tochter und einen Sohn. Weis jemand wo das kI. Mädchen, evtl. die Tochter von der Fam. Preuß oder dem Schmied, geblieben ist?
Weis jemand, wann der letzte Zug entweder Ende 1944, Anfang 1945 von Hirschberg oder von Jannowitz in den Westen fuhr? Nicht nach Tschechien. Meine Mutter hatte erfahren, daß die Russen kommen und irgendwann der letzte Zug nach dem Westen fuhr, mit dem wir auch gefahren sind. Ich weis leider nicht wann. Im "Gasthof Zum Schwarzen Adler" befand sich unten ein Theatersaal. In dem war Stroh aufgehäuft. Es kamen sehr viele Flüchtlinge vom Osten Deutschlands. Viele übernachteten dort auf Stroh im großen Theatersaal und zogen dann weiter. Ich habe dort viele Menschen in schlechtem Zustand gesehen.
All diese Fragen sind noch in meinem Kopf unbeantwortet. Leider kann ich meine Eltern nicht mehr fragen, sie sind schon lange verstorben. Wenn jemand Kontakt mit mir aufnehmen möchte, hier meine Daten:
Günter Gawert, Tel. 02254-8378900 oder noch besser E-Mail:
hggawert@t-online.de

Die Pensionsbesitzerin und meisterhafte Köchin der schlesischen Küche, Frau Regina Labuda.
Aufgenommen am 6. Juli 2011.

Ich stand vor dem ehemaligen Gasthof und konnte es nicht fassen. Wie konnte man ein Haus
so verkommen lassen. Aufgenommen am 5. Juli 2011.
Hallo Herr Gawert,
vom Hörensagen weiß ich, daß im Februar 1945 ältere Einwohner und Kinder Kupferberg verlassen mußten, da dort von der Wehrmacht eine Nachrichtenkompanie stationiert wurde. Auch einige Bewohner von Jannowitz sollen in dem Eisenbahnzug gewesen sein, der über Tschechien nach Bayern fuhr.
Beste Grüße aus Wolfsburg Heinz Kornemann
74. Kommentar: 23. Okt. 2011, 20:35
Hallo! Ich heisse Konrad und ich wohne neben den Krummhubel in Schlesien. Ich und meine Freunde interresiert die Geschichte unserer Region, das Industrie, der Bergbau und andere. Wir treffen uns an unsere Webseit: www.tropiciele-tajemnic.pl.
Wir wollen Sie an unsere Webseit einladen. Wir haben viele interessante Geschichten, Photos, alte Landkarten.
Auf Wiedersehen in www.tropiciele-tajemnic.pl kondi87
P.S. Ich entschuldige auf mein Deutsch
kdstuningteam@gmail.com
75. Kommentar: 02. Nov. 2011, 21:04
Hallo aus Jelenia Góra
Heutige oline Ausgabe von Gazeta Wyborcza beinhaltet ein Artikel der fuer Sie interessant finde. Sie brauchen nur translaten. http://wroclaw.gazeta.pl/wroclaw/ ... Dolnoslaska ... zniknelo.html
Auch, und vielleicht,vor allem sehr interessant ist die Diskusion spaeter.
VG.Ryszard B.
Ein Dankeschön an Ryszard Basta für den Hinweis. Herr Filip Springer hatte in meinem Gästebuch unter Kommentar 59 mit mir Kontakt aufgenommen. Später habe ich Filip Springer in Janowice Wielkie auch einmal persönlich kennengelernt. Jetzt habe ich mir seinen Bericht: Eine Stadt die wie Atlantis untergegangen ist aus der Onlineausgabe der Niederschlesischen Gazeta übersetzen lassen. Herr Springer hat sehr viel über die deutsche Zeit in Kupferberg recherchiert und, wie schon Ryszard Basta andeutete, interessant sind die vielen positiven wie negativen Kommentare zu seinem Bericht. Zur Zeit sind es schon 125 Kommentare.
76. Kommentar: 18. März 2012, 17:53
Sehr geehrter Herr Kornemann,
ich suche für eine wissenschaftliche Arbeit ein Porträtfoto des früheren Pfarrers von Kupferberg Wilhelm Kamitz (1806-1874), 1839 bis zum Tode Pfarrer in Kupferberg, und erlaube mir die Anfrage, ob Sie mir raten könnten, wohin ich mich diesbezüglich wenden könnte. Danke und mit freundlichen Grüßen Helge Dvorak Favoritenstraße 70/21 A – 1040 Wien
Sehr geehrter Herr Dvorak,
da kann Ihnen evtl. das Staatsarchiv in Jelenia Gora / Hirschberg helfen.
Mit freundlichen Grüßen
Heinz Kornemann
Hier die Anschrift: Archiwum Panstwowe we Wroclawiu Oddzial w Jeleniej Górze 58-500 Jelenia Góra, ul. Plk. Kazimierskiego 3 tel: +48 75 644-99-40 fax: +48 75 644-99-40 email: jelenia@ap.wroc.pl www.ap.wroc.pl/strony/jgora/jgora.htm Leitung: Mgr I. Laborewicz. Hinweis: Die Archivalien stammen aus den Kreisen Hirschberg, Löwenberg, Landeshut und Greifenberg. Hier lagern alle noch vorhandenen KB der evangelischen Gemeinden und auch die Standesamtsregister.
PS: Polnische Archive antworten in der Regel nur auf polnisch geschriebene Anfragen.
Die Stellvertreterin des Direktors spricht sehr gut deutsch. Evtl. den Google-Übersetzer anwenden, das klappt ganz gut.
77. Kommentar: 19. März 2012, 15:54
Sehr geehrter Herr Kornemann!
Gefesselt und nicht ohne Emotionen hab ich Ihr Buch „Kupferberger Gold“ gelesen – sind doch auch meine Vorfahren seinerzeit aus Tirol vertrieben worden.
Für mich ist klar, dass man in dem Fall solch ein Werk nicht als „normalen Roman“ aufnimmt, sondern als etwas sehr Tiefgehendes. Die Schicksale, die Sie schildern könnten genauso meine Ahnen und deren Kinder betroffen haben.
Mein Ur-Urgroßvater Balthasar Kolland ist mit drei Cousins und einer Cousine ausgewandert. Während die vier Verwandten in Schlesien blieben, hat Balthasar das Ansuchen gestellt, wieder nach Österreich zurück reisen zu dürfen. Diesem wurde 1844 statt gegeben, er durfte aber nicht mehr in Tirol bleiben.
Nochmals Gratulation zu Ihrem Werk und vielen Dank dafür!
Mit den besten Grüßen aus Österreich
Robert Schmid